Die entscheidende Zahl
Es ist Zeit für den nächsten Wechsel. Winter- statt Sommerreifen heißt die Devise. Schnell ein Blick auf die Profiltiefe. Sie reicht aus. „Doch das ist nicht das einzige Kriterium“, gibt Thomas Salzinger von TÜV SÜD in München zu bedenken. Jeder Reifen altert, auch wenn längst nicht mehr nur Gummi zum Einsatz kommt. Ein Pkw-Reifen aus moderner Produktion enthält eine Vielzahl von natürlichen und synthetischen Komponenten und verschiedene Gummimischungen. Deshalb sollte ein prüfender Blick der sogenannten DOT-Nummer gelten, die auf der Reifenflanke ausgewiesen wird. Anhand der letzten vier Ziffern dieser DOT-Nummer erkennt man das Jahr sowie die Woche, in der er hergestellt wurde. So steht beispielsweise „3020“ dafür, dass der Reifen in der Kalenderwoche 30 im Jahr 2020 hergestellt wurde.
Mit zunehmendem Alter werden Gummireifen härter und der Grip, vor allem auf Nässe, lässt nach. Pauschale Aussagen zum Austausch nach einer festen Zeitspanne sind jedoch schwierig, weil sich Reifen verschiedener Hersteller im Alterungsverhalten auch unterscheiden. „Wenn man im normalen Fahrbetrieb merkt, dass die Haftung nachlässt, dann ist es definitiv schon zu spät“, warnt der TÜV SÜD-Fachmann. Die verbreitete Expertenmeinung, einen Winterreifen nach spätestens acht und einen Sommerreifen spätestens nach zehn Jahren auszumustern, stellt aber aus seiner Sicht weiterhin einen guten Anhaltspunkt dar. „Insbesondere Wohnmobilbesitzer sollten das Reifenalter im Auge behalten, denn weniger die reine Laufleistung, sondern lange Stand- und Einsatzzeiten stehen hier im Mittelpunkt.“
Gesetzlich sind zwar nur mindestens 1,6 Millimeter vorgeschrieben, doch um sich sicher im Straßenverkehr zu bewegen, sollte das Profil der Sommerreifen – vor allem mit Blick auf nachlassende Aquaplaning-Performance – noch mindestens drei Millimeter aufweisen. Für Winterreifen sind vor allem für die Leistungsfähigkeit in winterlichen Bedingungen mindestens vier Millimeter empfehlenswert, weil dann die Lamellen auch bei frischem, lockerem Schnee noch wirken können. Unabhängig von ihrer Profiltiefe können Reifen schon vorher ihr Lebensalter erreicht haben, an Grip verlieren oder das Gummi ausgehärtet sein. „Speziell bei Fahrzeugen wie etwa Cabrios, Anhänger, Wohnmobile und Wohnwagen kommt das vor“, schildert Salzinger seine Beobachtungen: „Diese Fahrzeuge kommen meist nicht auf hohe Jahreslaufleistungen, aber altern gleichwohl und von einem Einsatz von Pneus, die älter als zehn Jahren sind, ist grundsätzlich abzuraten.“
Und auf eine weitere Besonderheit macht der TÜV SÜD-Fachmann aufmerksam: „An Anhängern mit einer Zulassung für 100 Stundenkilometer (km/h) dürfen die Reifen maximal sechs Jahre alt sein. Ansonsten darf man sie nur noch maximal 80 km/h fahren.“
Wie lange ein Reifen hält, hängt darüber hinaus von der Art und Weise von seiner Lagerung ab, etwa jetzt bei dem fälligen Wechsel von Sommer- auf Winterreifen. In der reinen Laufleistung unterscheiden sich Reifen auch gleicher Bauart und Dimension je nach Hersteller und Fabrikat übrigens sehr deutlich, daher kann man über die Haltbarkeit in Kilometern keine allgemeingültigen Aussagen treffen. Was aber immer gilt: Wer pfleglich mit seinen Pneus umgeht, Brems- oder Beschleunigungsorgien meidet und mit moderaten Geschwindigkeiten durch Kurven fährt, verringert die Abnutzung und schafft mehr Kilometer mit einem guten Restprofil. „Benutzer von Ganzjahresreifen müssen systembedingt natürlich häufiger auf neue Bereifung wechseln“, erinnert Salzinger; „weil ja die Reifen nicht nur saisonal im Wechsel, sondern dauerhaft im Einsatz sind.“ Hinauszögern kann man die natürliche Alterung, wenn man Winter- oder Sommerreifen sachgerecht lagert, also beispielsweise ohne UV-Licht-Einwirkung, mit Felgen liegend oder hängend, ohne Felgen bei regelmäßigem Drehen stehend sowie ohne Kontakt zu Fetten, Benzin oder Lösungsmitteln.